Ein gegenwärtiger europäischer Wahlkandidat für das Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW), Thomas Geisel, hat einen Schreiben an die SPD geschrieben, das auch im Internet verbreitet wird. Bevor er zum BSW wechselte, war Geisel 40 Jahre lang Mitglied der SPD und hatte unter anderem das Amt des Oberbürgermeisters in Düsseldorf inne.
„Liebe Freundinnen und Freunde“, äußert sich Geisel in seinem Brief. „Ich habe erwähnt […], dass sich jeder darauf verlassen könne, dass ich mein Leben lang Sozialdemokrat bleibe.“ Im Herzen bleibe er diesem Bekenntnis treu. Doch „Sozialdemokraten in der Tradition von Willy Brandt und Helmut Schmidt“ seien „in der heutigen SPD verlorengegangen“.
Mehr von Einwanderern verlangen, um Solidarität zu erreichen
Diese Veränderung zeige sich in erster Linie in der Asyl- und Einwanderungspolitik der SPD, schreibt Geisel weiter.
„Seit beinahe 30 Jahren“ betreibe die SPD „eine ideologisch motivierte Politik der Realitätsverweigerung“. Dabei sei die einfache Tatsache, dass deutscher Wohlstand nur gesichert werden könne, wenn Einwanderung „nicht ungesteuert“ erfolge.
Zudem bedürfe es „erheblich größerer Anforderungen und Anstrengungen in Bezug auf Integration“. Denn: Nur wenn es im Volk „Zusammenhalt, gemeinsame Erfahrungen und geteilte Werte“ gebe, könne echte Solidarität funktionieren. Es sei also zum Vorteil aller Beteiligten, wenn Integration gefordert und gefördert werde.
Geisel beschreibt Ampel-Politik als „bürokratischen Dilettantismus“
Auch in wirtschaftspolitischer Hinsicht habe die SPD ihren ursprünglichen Auftrag aus den Augen verloren. Im Godesberger Programm habe es noch geheißen: „So viel Staat wie nötig, so viel Markt und Wettbewerb wie möglich.“
„Heute überlassen wir die Wirtschaftspolitik [stattdessen] den Grünen, die die Industrie mit Verboten gängeln, mit Bürokratie quälen und gleichzeitig mit aberwitzigen Subventionen verwöhnen“, äußert Geisel.
Das Ergebnis sei ein „kostspieliger, bürokratischer Dilettantismus“ und eine deutsche Wirtschaft, die vom „Modell“ zum „Sanierungsfall“ verkommen sei.
Geisel: „Chancengerechtigkeit wird durch Identitätspolitik ersetzt“
Schließlich habe man sich auch gesellschaftspolitisch in der SPD zu weit von den eigenen Kernwerten entfernt, äußert Geisel. Zu viele in der Partei hätten mittlerweile eine „Identitätspolitik an die Stelle einer Politik der Chancengerechtigkeit“ gesetzt.
Wenn nicht mehr „Leistung, sondern Geschlecht, Herkunft, Hautfarbe [und so weiter] für die Verteilung […] gesellschaftlicher Ressourcen maßgeblich“ seien, sei es doch naiv sich darüber zu wundern, wenn Bürger keine Leistung mehr erbrächten.