Letztes Jahr verzeichneten unter 30-Jährige eine Rekordzahl an Kranktagen. Dies ergab eine frische Auswertung der AOK Rheinland/Hamburg.
Im Durchschnitt waren Mitglieder der jüngsten Generation rund 19 Tage krankgeschrieben und reichten knapp drei Mal den gelben Schein bei ihrem Arbeitgeber ein.
Generation Z betrachtet das “positive” Engagement für die Gesundheit
Laut dem Psychologen Rüdiger Maas vom Institut für Generationenforschung ist dies keine Überraschung. Er beobachtet eine neue Perspektive hinsichtlich Krankheit: „Bei älteren Generationen herrschte eher Scham, krank zu sein. Jüngere betrachten es jedoch positiv, sich um ihre Gesundheit zu kümmern“, erklärte er der Mopo.
Ob sie tatsächlich mehr belastet sind oder weniger aushalten, ist nicht so einfach, erklärt Maas. Zum einen gibt es neue Faktoren, wie das Smartphone, das aufgrund ständiger Erreichbarkeit, sozialer Medien oder Cyber-Mobbing tatsächlich eine neue Belastung darstellt.
Auf der anderen Seite gibt es auch einen Trend, psychische Belastungen ernster zu nehmen. „Und wenn ich das Gefühl habe, stärker belastet zu sein, dann empfinde ich es auch so“, erklärt Maas.
Neuartiges Verständnis von “Recht auf Krankentage” überrascht Generationenforscher
Eine Einstellung mancher junger Arbeitnehmer überrascht den Generationenforscher besonders: Das Verständnis, ein Anrecht auf Krankentage zu haben. „Wenn junge Leute im Durchschnitt 30 Tage krank sind, eine Person aber nur zehn Tage gefehlt hat, dann nimmt sie manchmal an, ihr stünden noch 20 Tage zu. Das ist komplett neu.“
Der Psychologe betrachtet den Trend jedoch nicht positiv: „Eine solche negative Denkweise macht nicht glücklicher, da die Arbeit insgesamt negativer wahrgenommen wird.“
„Immer weniger Bereiche, in denen Leistung wirklich anerkannt wird“
Doch woran liegt das? Weniger leistungsorientierte Menschen gibt es schließlich auch in älteren Generationen. „Sie wurden jedoch schneller bestraft“, erklärt Maas. Er beobachtet einen Wertewandel, bei dem Leistung negativ konnotiert ist: „Es gibt immer weniger Bereiche, in denen Leistung wirklich anerkannt wird.“
Die Bundesjugendspiele werden abgeschafft, beim Fußball soll es keine Ergebnisse mehr geben, der Einser-Schnitt beim Abitur hat sich verzehnfacht.
Und viele können sich den Arbeitsplatz wegen des Fachkräftemangels aussuchen. So greift ein bekannter Mechanismus, denn „immer, wenn man die Wahl hat, werden die Optionen etwas entwertet“, sagt Maas.
Was Arbeitgeber tun können? „Führung viel ernster nehmen“
Zudem hat die Arbeit weniger Wert. „Langfristige Ziele wie ein Haus oder Auto sind nicht mehr erreichbar, und im mittleren Segment, was also Handy oder Fernreise angeht, sind alle gesättigt“, sagt Maas. Bei früheren Generationen bedeutete Arbeit dagegen oft einen Sprung in die Unabhängigkeit.
Doch was bedeutet das nun für Arbeitgeber? „Arbeitsklima und -zufriedenheit sind die wichtigsten Faktoren für Jüngere“, erklärt der Psychologe. „Arbeitgeber müssen die Mitarbeiter als Mensch wahrnehmen, besser Kritikgespräche führen und kleinere Gruppen bilden. Und Führung viel ernster nehmen.“
Mit einer engeren Bindung könnten sie dann auch allmählich mehr verlangen – und so könnten die vielen Krankschreibungen vielleicht weniger werden.
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