Susanne Nickel’s Opinion Column: Dangerously Spoiled! Germany is turning into a “make a wish” Republic
Following IG Metall, the union of train drivers is now also demanding a 4-day week. Susanne Nickel considers this to be populism. According to the labor expert, Germany is not working too much, but too little.
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Als GDL-Chef Claus Weselsky die Forderung nach der 4-Tage-Woche für die Lokführer der Deutschen Bahn verkündete, kam mir zunächst der Gedanke, dass es vielleicht ein Scherz sei. War es nicht erst kürzlich, dass der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) dasselbe gefordert hatte? Und die IG-Metall auch? Fühle ich hier ein Déjà-vu?
Aber spätestens als die GDL nun Warnstreiks trotz Arbeitgeberangeboten von 11 Prozent mehr Gehalt ankündigte, wurde mir schmerzlich bewusst, dass wir uns in Deutschland im Land der Work-Life-Balance befinden. Denn die 4-Tage-Woche soll natürlich bei vollem Lohnausgleich erfolgen. Von der einmaligen steuerfreien Inflationsprämie von 3000 Euro und 555 Euro mehr Gehalt monatlich für 10.000 Beschäftigte will ich an dieser Stelle gar nicht anfangen.
4-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich – wir sind hier nicht bei „Wünsch dir was“
Also die 4-Tage-Woche. Schön und gut. Ich kann das alles nachvollziehen. Das hätte ich auch gerne. Weniger arbeiten und trotzdem das gleiche verdienen. Aber sind wir hier bei „Wünsch dir was“, oder in der harten Realität? Denn in der harten Realität herrscht ein enormer Fachkräftemangel in nahezu jeder Branche. Firmen versuchen verzweifelt, dem entgegenzuwirken, indem sie Mitarbeiter aus dem Ausland rekrutieren oder Personen, die bereits in Rente sind, wieder zurückholen.
Also brauchen wir keine Leute, die weniger arbeiten, sondern Leute, die mehr leisten.
Angesichts dessen frage ich mich, mit welcher Begründung die GDL nach der 4-Tage-Woche verlangt? Weil sie dadurch angeblich das Interesse am Beruf wecken könnten. Dies behauptet jedenfalls der Gewerkschafter Claus Weselsky, der seinen letzten Kampf eingeläutet hat.
Ich halte das für zu kurz gedacht. Es ist eine griffige Schlagzeile, die die erhoffte Aufmerksamkeit erregt, aber hinter die kaum jemand richtig schaut. Lassen Sie uns mit ein paar Fakten aufräumen:
1. Wovon sprechen wir überhaupt?
Oft werden Äpfel mit Birnen bei der gepriesenen 4-Tage-Woche verglichen. Bei der reinen Arbeitszeitverdichtung werden übliche 40 Wochenarbeitsstunden auf vier Tage bei vollem Lohnausgleich komprimiert. Wenn Sie denken, 10 Stunden am Tag arbeiten, das wird anstrengend, stimmt! Das bedeutet mehr Arbeit und weniger Flexibilität. Beim Modell der Arbeitszeitreduktion mit vollem Lohnausgleich muss die gleiche Arbeit bei 20 Prozent weniger Kapazität erledigt werden, d.h. wir arbeiten bei einer 40 Stunden Woche nur noch vier Tage, bekommen aber fünf bezahlt. Dabei handelt es sich um eine Gehaltserhöhung von 20 Prozent.
Klingt das gut für Sie? Das wünschen sich auch viele Deutsche. Die Frage ist allein: Wie schaffen wir hier die gleiche Produktivität?
Dann gibt es noch Typ 3, die Arbeitsreduktion ohne Lohnausgleich. Das ist nichts Neues und nennt man seit jeher Teilzeit. Und jeder Mensch hat einen gesetzlichen Anspruch darauf.
Und schließlich gibt es noch viele Mischformen, um die es meistens geht. Genau so eine Mischform verlangt die GDL: eine Reduktion der Arbeitszeit von 38 auf 35 Stunden pro Woche kombiniert mit einer Arbeitsverdichtung für die Angestellten.
Über die Kolumnistin
Susanne Nickel ist Anwältin, Wirtschaftsmediatorin und Fachfrau für Arbeit und Veränderung. Sie hat ihre Fachkenntnisse in ihrer langjährigen Tätigkeit als Managerin und Beraterin in nationalen und internationalen Unternehmen und Konzernen erworben. Sie ist in fast allen DAX 30-Unternehmen viele Jahre ein- und ausgegangen. In ihrem Beitrag beschreibt Susanne Nickel gesellschaftliche Veränderungsprozesse und den Wandel in der Arbeitswelt.
2. Beim vielen Sprechen bitte die Umsetzung nicht vernachlässigen
Beim Vergleich der verschiedenen Varianten der 4-Tage-Woche wird deutlich, dass bei einer Verdichtung der Arbeitszeit in Kombination mit einer Reduzierung der Stunden die Produktion leidet. Die Frage ist, wie können wir in kürzerer Zeit mehr produzieren, um die Produktion aufrechtzuerhalten?
Und hier liegt das Dilemma, das niemand gerne anspricht. Dies ist nur durch eine Steigerung der Effektivität und Effizienz möglich. Wie soll das bewerkstelligt werden?
Viele kleine Unternehmen im Bürobereich, die die 4-Tage-Woche praktizieren, zeigen die Antwort: Dies ist nur mit einem Kulturwandel möglich. Prozesse optimieren, Zusammenarbeit verbessern, Meetings reduzieren und so weiter. Während kleine Betriebe sich rasch wie Schnellboote verändern können, gestaltet sich dies bei großen Unternehmen anders. Im Change-Management benötigen wir etwa sieben Jahre für einen derartigen Wandel, wenn auf Worte auch wirklich Taten folgen sollen.
3. Wo ist die Nachhaltigkeit?
Das Argument, dass neue Mitarbeiter mit dem Versprechen kürzerer Arbeitszeiten angezogen werden können, mag zwar zutreffen, aber es ist nicht nachhaltig, wenn sich nicht auch die Unternehmenskultur positiv verändert.
Nach der Gewöhnung an kürzere Arbeitszeiten verfliegt der Werbeeffekt schnell. Und wer garantiert, dass neu geworbene Mitarbeiter auch in diesem Unternehmen bleiben und nicht nach einigen Monaten zu einem anderen Unternehmen wechseln, das ein besseres Angebot macht. Beispielsweise eine Drei-Tage-Woche bei doppeltem Lohn?!
Es ist offensichtlich, dass ich energisch werde. Und das hat einen Grund: Untersuchungen legen nahe , dass Arbeitnehmer in Deutschland bereits seit geraumer Zeit weniger arbeiten. Die Arbeitszeit pro Erwerbstätigen in Deutschland ist laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in den vergangenen Jahren gesunken. Während 2012 im Durchschnitt ein erwerbstätiger Mensch 1408 Stunden gearbeitet hat, waren es 2022 nur noch 1340 Stunden.
Sehr geehrter Claus Weselsky, seien Sie vorsichtig, dass Sie sich an den scharfen Klingen nicht verletzen
Und nicht nur das: Auch im internationalen Vergleich sind wir Schlusslicht, was die Arbeitszeiten angeht. Die mit Arbeit verbrachte Lebenszeit in Deutschland ist laut einer neuen Studie so kurz wie in keinem anderen EU-Land – außer in Luxemburg.
Es ist somit nur eine Frage der Zeit, bis uns die 4-Tage-Woche auf die Füße fällt. Denn die Arbeit muss nun mal ebenfalls erledigt werden.
Ich bin fest davon überzeugt, dass Claus Weselsky dies ebenso weiß. Doch es scheint ihm gleichgültig zu sein, weil er seinen letzten Arbeitskampf mit einem großen Paukenschlag beenden will. Sein Vermächtnis scheint ihm wichtiger zu sein als der Erhalt der deutschen Wirtschaft.
Er äußerte kürzlich in einem Interview, dass „die Messer gewetzt“ seien. Dass eine solche Formulierung angesichts zweier grausamer Kriege in der Welt geschmacklos ist, ist das eine. Das andere ist das verheerende Signal für den Standort Deutschland. Denn wenn 11 Prozent mehr Lohn nicht mehr ausreichen, haben wir alle ein Problem.
Sehr geehrter baldiger Rentner Claus Weselsky, seien Sie vorsichtig, dass Sie sich an den gewetzten Messern nicht verletzen!
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