Am Montag:
Es gab viele Tränen. Die Abschiedsrede von Christine Strobl am Sarg ihres Vaters Wolfgang Schäuble hat unzählige Fernsehzuschauer tief berührt. Sie waren zu diesem Anlass eingeschaltet, um den Tribut an einen der einflussreichsten politischen Entwickler der Bundesrepublik zu erleben. Sie waren vorbereitet auf einen evangelischen Gottesdienst und Reden von politischen Gefährten.
Dann betrat Christine Strobl das Rednerpult, das älteste von vier Kindern und offenbar die Sprecherin der Familie. Sie sprach so ehrlich, so herzlich und sympathisch, dass viele Zuhörer in der Kirche und zu Hause zutiefst bewegt und unfähig waren, ihre Tränen zurückzuhalten.
In rührenden Worten über “ihren lieben Vater” erzählte sie von dem gemeinsamen Familienleben und besonders dem letzten Weihnachtsfest, das sich Wolfgang Schäuble mit einem Ausbruch seiner gepriesenen Energie erkämpfte. Sie erzählte, wie er mit seiner ganzen Familie noch einmal “Oh, du Fröhliche” sang. Zum letzten Mal gönnte er sich und den Seinen Rehbraten mit Spätzle und Rotwein. Dann legte er sich zum Sterben. Tochter Christine lobte in der Kirche: “Papa, Du hast uns gezeigt, wie man würdevoll sterben kann. Du warst ein Gesamtkunstwerk.”
Zum Abschluss versicherte sie, dass die Kinder – wie von ihm gewünscht – auf ihre Mutter aufpassen werden. Hiermit möchte ich die Ansprachen der beiden Politiker nicht schmälern. Sie waren von hoher Qualität. Der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat Schäuble respektvoll und herzlich gewürdigt. Friedrich Merz, den Schäuble freundschaftlich “Frieder” nannte, lobte den Staatsmann genauso wie den kameradschaftlichen Ratgeber. Trotzdem ragte die Rede von Christine Strobl heraus. Sie beschrieb eine Familie, die in ihrer Tapferkeit und ihrem Zusammenhalt allen imponieren muss und ein Vorbild ist, wie wir es heutzutage selten erleben
Am Dienstag:
Glücklicherweise gibt es nicht so viele Landwirte und so viele Traktoren, dass auch kleinere Straßen blockiert werden konnten. Die Vielen, die nicht behindert werden, können die Situation der Landwirte unbeeinträchtigt analysieren. Umfragen zeigen, dass die Bauern mit ihren Protesten in der Bevölkerung wesentlich mehr Sympathie genießen als beispielsweise die Lokführergewerkschaft.
Die Agrarier können anschaulich darlegen, dass jeder Abbau von Subventionen ihre Stellung im Wettbewerb mit anderen Nationen schwächt. Dieser Nachteil betrifft insbesondere kleinere Betriebe. Weltweit fallen die Preise für Weizen, Milch, Zucker, Schweine und Rindfleisch, während in Deutschland die Kosten steigen.
Die Bauern wiesen darauf hin, dass sie in Deutschland mehr für Diesel ausgeben müssen, während ihre Konkurrenten in Frankreich günstiges Heizöl tanken dürfen. Im weltweiten Wettbewerb spielt eine Rolle, dass die Landwirte in Südamerika und im Osten viel weniger für Nutzflächen zahlen müssen.
Die Bundesregierung müsste solche Gegebenheiten kennen und bewerten, bevor sie die deutschen Bauern belastet. Für so eine Professionalität gibt es wenig Anzeichen. Die Verantwortlichen haben gekürzt, ohne ihren Landwirtschaftsminister zu konsultieren. Dann sind sie umgefallen. Vertrauen erwirbt man anders.
Helmut Markwort, der Gründungschefredakteur von FOCUS, war von 2018 bis 2023 ein Abgeordneter der FDP im Bayerischen Landtag.