Kolonnen von Traktoren, blockierte Zufahrtsstraßen zur Autobahn, Mahnwachen – seit Montag protestieren deutsche Landwirte gegen die Ampel-Regierung. Dies betrifft wegfallende Subventionen, teuren Treibstoff für die Landwirtschaft und geringe Wertschätzung. In den sozialen Medien wird das Thema lebhaft diskutiert. In einem Forum auf der Plattform „Reddit“ wollte ein Nutzer deutlich machen, wie groß die Not der Landwirte ist, und offenbarte die Geschäftsbilanz seines Betriebs. Daraufhin erntete er Spott und Häme.
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Landwirt offenbart seine Geschäftsbilanz
Der Nutzer mit dem Pseudonym „No_Title4520“ eröffnet den Thread mit der Überschrift „Landwirte sind reich“ und möchte damit das Gegenteil belegen. Zu Beginn seiner Erklärungen betont er, dass er einen Familienbetrieb führt, in dem er und sein Vater den Großteil der Arbeit leisten. Auch die Mutter ist im Betrieb tätig. Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes möchte der Nutzer nicht preisgeben, um welchen Betrieb es sich handelt und wo dieser gelegen ist. Er nennt lediglich die Größe von 40 Hektar Eigenland. Alle Daten wurden anonymisiert.
Seine Vorgehensweise beschreibt „No_Title4520“ folgendermaßen: „Zuerst habe ich die vergangenen vier Jahre unseres Jahresgewinns aus der Buchführung genommen und habe dort noch die Inflation hinzugerechnet, um die Kaufkraft besser darzustellen.“ Dadurch wurde der Durchschnittsgewinn erhöht. Er wollte Vorwürfen vorbeugen, dass er die Daten manipuliert habe. Er erklärt weiter: „Außerdem habe ich die Durchschnittswerte für Ackerbaubetriebe als Vergleich herangezogen und einmal den Gewinn je AK (Anschaffungskosten) berechnet. Dadurch ist ersichtlich, dass unser Gewinn im Vergleich ebenfalls höher ist. Man kann mir also auch nicht vorwerfen, dass wir einen schlechten Betrieb haben.“
„Es ist kurz davor, dass wir besser auf die Prämie verzichten“
Die Agrardieselprämie für seinen Betrieb betrug „nur“ 5400 Euro, erklärt der Nutzer. „Zusätzlich soll die Steuerbefreiung von Landmaschinen wegfallen (ca. 3000 € Mehrkosten)“, fügt er hinzu. „Durch die neue GAP haben wir auch noch einen Einnahmen-Verlust von 4 % Brache (6000€) und zudem noch hier und da Kosten durch Mehrauflagen, während die Prämie gekürzt wird. Es ist kurz davor, dass wir besser auf die Prämie verzichten und durch intensiven Ackerbau auf den Flächen mehr Geld verdienen ohne Prämie als jetzt mit Einschränkungen.“
Zusätzlich führt er seine Ausgaben für Löhne, Maschinen und Kraftstoffe auf. „Ich hoffe, die meisten von euch haben morgen keine großen Umstände durch die Demos. Nur es muss sich leider was ändern und nicht ein Stein nach dem anderen einem in den Weg gelegt werden.“ Bei seiner Berechnung kommt er auf einen Unternehmergewinn von 2.633,59 Euro.
Betrachtet man dann die hochgeladenen Abrechnungen im Thread, wird jedoch ersichtlich, dass im Geschäftsjahr 2022/2023 ein Anfangskapital von 2.200.352,04 Euro stand. Es gab Einlagen in Höhe von 59.432,64 Euro. Entnahmen betrugen 513.903,29 Euro und der Gewinn belief sich auf 197.816,05 Euro – ein deutlicher Überschuss von über 30.000 Euro im Vergleich zum Vorjahr.
Nutzer verspotten: „Du hast sehr gut demonstriert, warum ihr euch zu Unrecht aufregt“
Andere Nutzer verspotten den Thread-Ersteller aufgrund seiner hohen Gewinne. „Buddy, mach die Kreuzung frei, ich muss zu meinem Job, der mir 2000 netto einbringt“, kommentiert einer. Ebenso liest man: „Ja, ein Familienbetrieb mit über zwei Millionen Anlagenvermögen macht 164.000 Betriebsgewinn und behauptet, er sei arm. Genau mein Humor.“ Ein anderer schreibt: „Was ich lese ist: Von unserem Betrieb können wir zwei Leuten über 50.000 Euro bezahlen und gehen jetzt auf die Straße, weil man schrittweise die drei Prozent, die uns der Staat von unserem Jahresgewinn schenkt, auf null Prozent reduziert.“ Ein weiterer fügt hinzu: „Du hast meiner Meinung nach sehr gut demonstriert, warum ihr euch zu Unrecht aufregt. Perfekt.“
Ein Nutzer dankt für das realistische Bild der Abrechnung, findet jedoch auch Kritikpunkte: „Deine Annahmen sind alle zutreffend UND korrekt umgesetzt. Du hast einen Netto-Gewinn von 160.000 Euro im Jahr und theoretisch hast du alle deine zum Leben notwendigen Ausgaben bereits beglichen – und trotzdem hast du 160.000 Euro obendrauf. Setz dich mal in die Lage eines Angestellten, der 3000 Euro netto verdient und davon noch seine Ausgaben bestreiten muss. […] Buddy, das ist so abgehoben.“