Die beiden jugendlichen Extremisten schienen erregt zu sein. Wiederholt diskutierten der 15-jährige Mahmut D. aus dem bergischen Burscheid und der 16-jährige Urslan M. aus dem brandenburgischen Wittlich (Namen geändert) in einem Telegram-Chat verschiedene Anschlagsszenarien gegen die „Kuffar“ (Ungläubige). Dabei spielte ein Kleinlaster eine entscheidende Rolle, ebenso wie Benzin oder andere entflammbare Flüssigkeiten sowie Molotowcocktails. Auch die potenziellen Ziele wechselten, bis sich die beiden vermutlichen Anhänger der Terrorgruppe Islamischer Staat” (IS) gemäß Informationen von FOCUS-online aus NRW-Sicherheitskreisen auf den Weihnachtsmarkt in Leverkusen-Opladen festgelegt haben.
Leverkusen: Die Jugendlichen planten nach dem Anschlag nach Afghanistan zu gehen
Zwei Tage nach der Festnahme der beiden jungen Personen gab die zuständige Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf neue Einzelheiten bekannt. Demnach planten die Verdächtigen den Lastwagen mit „Brennmitteln“ in die Luft zu sprengen, um zahlreiche Besucher des Weihnachtsmarktes zu töten. Offensichtlich folgten sie einem Aufruf des IS.
Nach den Massakern der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas an jüdischen Bürgern in Israel hatten Dschihad-Organisationen zu einer neuen Terroroffensive gegen den Westen aufgerufen. Nach dem Anschlag in Leverkusen wollten die beiden Jugendlichen nach Afghanistan in den dortigen IS-Ableger „Provinz Khorasan“ ausreisen.
Weil die jugendlichen Extremisten in ihren Chats den tunesischen IS-Terroristen Anis Amri feierten, der im Dezember 2016 mit einem entführten Lastwagen in den Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheid-Platz fuhr und elf Menschen tötete, kursierten in den Sicherheitsbehörden auch andere Anschlagsplanungen. So schlossen Staatsschützer nicht aus, dass die jungen Fanatiker dem Berlin-Attentäter Anis Amri nacheifern und absichtlich in eine Menschenmenge fahren wollten, um dann Benzin zu verschütten und anzuzünden.
Mahmut D. machte nach seiner Festnahme auf dem Schulweg keine Aussagen
Obwohl der Amtsrichter in Leverkusen einen Haftbefehl erlassen hat, der darauf basiert, dass die Terrorplaner den Kleinlaster in die Luft sprengen wollten, fehlen den Strafverfolgungsbehörden neben den belastenden Chats, die zuerst von einem ausländischen Nachrichtendienst an die hiesige Terrorabwehr übermittelt wurden, weitere Beweise. Ersichtlich sind die Vorbereitungen für den Angriff nicht besonders weit fortgeschritten. Gemäß den Plänen wollte der 15-jährige verdächtige Deutsch-Afghane aus Burscheid Benzinkanister besorgen. Diese wurden nicht aufgefunden. Auch die bisherige Auswertung seines Handys brachte offenbar keine belastbaren Beweise. In seinem Zimmer wurden keine offensichtlichen Hinweise auf seine radikale Gesinnung gefunden. Mahmut D. machte nach seiner Festnahme auf dem Schulweg keine Aussagen. Einzig die Pinnummer seines Handys teilte er mit. Auch vor dem Haftrichter verweigerte der 15-jährige Schüler die Aussage. Gleichzeitig hegen die Terrorfahnder Zweifel, ob die im Chat erwähnten Anschlagsszenarien technisch überhaupt realisierbar gewesen wären.
Auch der mutmaßliche Komplize wurde in Brandenburg festgenommen. Da Urslan M. bereits als IS-Anhänger ins Visier der ostdeutschen Behörden geraten war, wird jetzt versucht, über die Kontakte des jungen Russen mit tschetschenischen Wurzeln in die militante islamistische Szene herauszufinden, ob es weitere Mittäter gab.